Stoffwindelhilfsprojekt in Tanzania

Die Organisation P(e)d-World sammelt Spendengelder, um Stoffwindeln für die Entbindungsstation im Dareda Hospital anzuschaffen. Die freiberufliche Hebamme Jenny Nöding-Bühler aus Heidelberg engagiert sich ehrenamtlich über die Organisation P(e)d-World vor Ort. Wir sind begeistert von Ihrem Einsatz und möchten ihr daher die Möglichkeit bieten, dass sie ihr Projekt hier vorstellen kann. Auch wir unterstützen ihr Vorhaben finanziell, denn wir sind überzeugt davon, dass die Hilfe hier wirklich ankommt und vor Ort eine tolle Arbeit geleistet wird. Gerne kannst du dir auch das Video Interview mit Aennecken ansehen, welches wir Dir gerne hier verlinken 🙂 

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Wer bist du? Was machst du? Stell dich doch einmal kurz vor


Ich bin Jenny Nöding-Bühler, freiberufliche Hebamme aus Heidelberg und seit drei Jahren ehrenamtlich tätig bei der non-profit Organisation p(e)d-world in Tansania. Warum wolltest du Hebamme werden und wie kam es zu Ped-World? Hebamme wollte ich gerne werden, da ich die Begleitung in dieser wichtigen Lebensphase als essentiell wichtig erlebe. Zu p(e)d-world bin ich über meine Freunde Bernd Küppers und Christina Bösenberg gekommen, die die Organisation vor über 10 Jahren gegründet haben. Ich konnte dadurch schon mehrfach bei der Verbesserung der Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser durch den Bau von Nebelnetzen und Zisternen helfen. Trinkwasser ist sehr knapp in Tansania. Meine Motivation ist die Menschen in diesem wunderschönen Land in ihrer Entwicklung zu begleiten und gute Impulse für die Nachhaltigkeit zu setzen.

Was genau ist ped-world?


Seit 2007 engagiert sich die deutsche gemeinnützige Organisation ped-world in Afrika und Mittelamerika in der Verbesserung der Trinkwasserversorgung und Bildung. Zur Trinkwassergewinnung bauen sie durch Spenden finanzierte Nebelnetze oder Nebelsammler auf. Nebelnetze werden dort installiert, wo warme feuchte Luft aufsteigt und an kälteren, höher gelegenen Ebenen (z.B. an Gebirgen) kondensiert. Die dadurch entstehenden Wassertropfen (Tau) werden durch die Nebelnetze aufgefangen und in Zisternen gesammelt. Kondensiertes Wasser ist rein und kann ohne Aufbereitung genutzt werden. Die Verbesserung der Trinkwasserverfügbarkeit begünstigt dann wiederum die Bildungsmöglichkeiten der dort lebenden Kinder, da die oft nicht in die Schule gehen können oder dürfen, weil sie Wasser holen müssen. An diesem Projekt in Tansania ist auch Viva con Agua beteiligt.

Was für ein Land ist Tansania? Wo liegt es, wie viele Menschen leben dort und wie ist der Lebensstandard dort?


Tansania liegt im Osten von Afrika direkt am Indischen Ozean. In Tansania leben aktuell etwa 62 Mio Menschen, wobei eine Frau im Durchschnitt 4,8 Kinder in ihrem Leben bekommt. Dadurch ist Tansania ein sehr junges Land und das Durchschnittsalter liegt bei etwa 18 Jahren

Der Lebensstandard in Tansania ist sehr einfach. Vor allem auf dem Land ist die Arbeit mühevoll und körperlich hart, zum Beispiel auf dem Feld oder bei der Versorgung der Tiere. Momentan haben etwa 30% der tansanischen Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 70% keinen Zugang zu einer sanitären Grundversorgung.

Die Beschaffung von Wasser und Brennholz ist Aufgabe der Frauen und Kinder, aber Wasser und Holz sind sehr knapp und deswegen müssen viele Kilometer mit schweren Wassereimern auf dem Kopf zurückgelegt werden.

Im starken Kontrast dazu besitzt etwa jeder dritte Tansaner ein Smartphone. 

Über mobile Daten kann selbst im entlegensten Winkel des Landes das Internet erreicht werden. Ich beobachte schon eine Weile, dass es immer dort zu Problemen kommt, wo der moderne Lebensstandard der westlichen Welt mit dem traditionellen Leben aufeinander prallen.

Wo liegt das Krankenhaus / die Region, für die du dich einsetzt?


Das Dareda Hospital Babati liegt eher nördlich in Tansania, zwischen dem Lake Victoria und dem Indischen Ozean. Der Babati District liegt am südlichen Fuße des Kilimanjaro auf einem Hochplateau in etwa 1800 Meter über dem Meeresspiegel. Dadurch ist Brunnenbau dort nahezu unmöglich, das Grundwasser ist zu tief.

Wie bist du nach Tansania gekommen? 


2019 habe ich meine Freunde Bernd und Christina erstmalig nach Tansania begleitet um ihnen beim Bau eines Nebelnetzes zur Hand zu gehen. Schon auf dieser ersten Reise habe ich Kontakt zu meinen tansanischen Kolleginnen und Kollegen, den weiblichen und männlichen Hebammen vor Ort, aufgenommen. Wir haben gemeinsam geschaut, wie und womit ich sie bei ihrer Arbeit unterstützen kann. So konnten bisher bereits ein Sterilisator und ein Gerät zur Ableitung der kindlichen Herztöne gespendet und eingesetzt werden. 

Bisher konnten die Herztöne des ungeborenen Kindes ausschließlich mit einem Holzhörrohr erfasst werden. Dies ist unter erschwerten Bedingungen wie beleibter Mutter oder Zwillingsschwangerschaften fast unmöglich. Meine tansanischen Kolleg*innen waren sehr neugierig, haben sich alles zeigen lassen und waren dankbar für diese Unterstützung.

Wer steht hinter dem Projekt?


Die Dachorganisation ist p(e)d-world. Wir sehen dies hier als ein wichtiges Unterprojekt, welches sich anschließt an die Trinkwasserversorgung. Für uns gehört auch die Versorgung von Schulen und Krankenhäusern dazu und somit die Verbesserung von Hygiene, z.B. durch Errichtung von Toiletten, Keramik-Wasserfilter für die Trinkwasserversorgung oder aber durch das Heranführen an Stoffwindeln.

Ansprechpartner in diesem Unterprojekt sind Sister Monica, leitende Hebamme im Dareda Hospital, Vivian Ernest, Projektmanager vor Ort von p(e)d-world für die Errichtung der Nebelnetze und Zisternen und Hebamme Jenny Nöding-Bühler, Dachorganisation p(e)d-World.

Warum Stoffwindeln in Tanzania?

Wie kam es zu der Idee?


Bei meinem Aufenthalt im Hospital habe ich gesehen, wie die Kinder am allerersten Tag ihres Lebens mit Wegwerfwindeln gewickelt wurden, an allen weiteren Tagen in die stark gefärbten großen afrikanischen Tücher bzw. ohne Windel neben der Mutter lagen. Dabei entstehen durch beide Varianten jedoch Probleme: Die Entsorgung der Wegwerfwindel und sehr viel Arbeit für die frisch entbundenen Frauen, die sich besser schonen sollten. Außerdem besteht ein hohes Infektionsrisiko, wenn die Babys ohne Windel neben der Wöchnerin liegen, die vielleicht Geburtsverletzungen erlitten hat. Auch ist das Wasser oft kontaminiert und abkochen nicht immer möglich. Durch einen glücklichen Zufall hatte ich durch eine Kleiderspende aus Deutschland eine Stoffwindel im Gepäck, die für großes Interesse und Begeisterung auf der Wochenbettstation gesorgt hat. So wurde die Idee geboren, Stoffwindeln nach Tansania zu bringen.

Was passiert mit den schmutzigen Windeln? / Wie funktioniert die Abfallentsorgung?


In Tansania gibt es keine gut ausgebaute Infrastruktur und somit keine Müllentsorgung so wie wir sie hier in Deutschland oder Europa kennen. Wegwerfwindeln werden über dem offenen Feuer verbrannt, was aufgrund der Verbrennungsgase und der verbleibenden Rückstände wirklich bedenklich ist.

Schmutzige Stoffe werden meistens in ungereinigtem Flusswasser gewaschen. Dadurch können sie nicht hygienisch sauber werden und Keime können Infektionen auslösen. Innerhalb des Projektes möchten wir daher gern auch eine Waschmaschine für die Entbindungsstation besorgen.

Hast du selbst Kinder und wenn ja, hast du sie in Stoffwindeln gewickelt? Wenn nein, war die Stoffwindel aus der Kleiderspende dein erster Kontakt zu Stoffwindeln?


Ich selbst habe drei Kinder und auch bei uns hat das Umdenken langsam stattgefunden. Herkömmliche Windeln, recyclebare Papierwindeln und schließlich Stoffwindeln haben wir durchlaufen. 

Als Hebamme begleite ich heute viele junge umweltbewusste Familien dabei für sich zu einem gut funktionierenden Einsatz von Stoffwindeln und/oder abhalten zu finden.

Ich bewundere dabei die immer praktischeren, saugfähigeren und z.T. mitwachsenden Materialien.

Seit wann gibt es überhaupt Wegwerfwindeln in Tansania und warum? Wie war es vor der Einführung von Wegwerfwindeln dort?


Kinder wurden traditionell ausschließlich abgehalten. Seit der Lebensstil der Industrieländer imitiert wird, haben die Wegwerfwindeln Einzug erhalten. Das windelfreie Großziehen klappt gut in ländlichen Regionen, aber in Gegenden in denen Handys, Fernsehen, und ein modernerer Wohnstil einziehen, taucht auch schnell der Ruf nach Windeln auf, weil der Lebensstil der Industrieländer angenommen wird.

An dieser Stelle würde ich die Entwicklung gerne positiv beeinflussen und Stoffwindeln in der Klinik einführen. So wäre zum einen die Hygiene in der Wochenbettstation positiv beeinflußt, zum anderen hätten die jungen Frauen ein nachhaltiges System kennengelernt, auf das sie gegebenenfalls in anderen Situationen zurückgreifen können, wenn ein Windelsystem benötigt wird.

Was kosten Einwegwindeln in Tansania? Können die Eltern sich das leisten? Ist die finanzielle Lage mit Stoffwindeln vielleicht eine andere?


Einwegwindeln sind teuer und nur in den Großstädten erhältlich. Die Nutzung von Stoffwindeln wäre für eine durchschnittliche tansanische Familie erschwinglich, vor allem, weil sie immer wieder nutzbar sind, auch bei mehreren Kindern.

Wie ist Hygiene möglich?


Die Wäsche sowie auch die Windeln und Monatsbinden der Frauen werden in der Regel im Flusswasser gewaschen und in der Sonne getrocknet. Wenn Bakterien abgetötet werden sollen, muss Wasser über dem offenen Feuer abgekocht werden. Eine Waschmaschine für die Windelwäsche ist Teil unseres Ziels.

Wo kommt das Wasser für die Waschmaschine her und wie sauber ist es?


Im Hospital handelt es sich um Regenwasser, das in einer Zisterne gesammelt wird. 

Wie ist es mit Waschmittel und wohin geht das Abwasser?


Bisher wird mit konventioneller Seife gewaschen und das Abwasser in den Fluss geleitet. Eine Aufbereitung wie in einer Kläranlage gibt es nicht. Daher wäre ein biologisch abbaubares Waschmittel in Zukunft wünschenswert.

Wie viele Kinder werden in dem Krankenhaus geboren?


Im Dareda Hospital kommen jährlich über 2000 Babys auf die Welt, die Wochenstation dort hat 26 Betten.

Was brauchst du um das Projekt umzusetzen?


Zunächst möchten wir eine Waschmaschine für die Wochenbettstation kaufen, was wirklich sensationell wäre, da dies eine unglaubliche Arbeitserleichterung darstellen wird. Es gibt eine einzige Waschmaschine im gesamten Krankenhaus, die ich im letzten Jahr mit Spenden finanziert habe – sie läuft verlässlich trotz Dauergebrauch. Dann benötigen wir vor allem saugfähige Innenwindeln, am sinnvollsten sind wahrscheinlich Mullwindeln, und Snappis, später könnten noch Überhosen (Außenwindeln) folgen.

Auf lange Sicht möchten Näherinnen dort gern selbstständig für Windeln sorgen können. Daher wünschen wir uns noch den Kontakt zu Herstellern von saugfähigen Stoffen und PUL-Stoffen. Auch ein gutes Schnittmuster für Neugeborenenwindeln wird dafür benötigt.

Liebe Jenny, vielen Dank für deinen Einsatz vor Ort! Es ist wichtig, dass wir als westliche Gesellschaft aus unseren Fehlern lernen und den Menschen in Afrika auch von den Nachteilen unseres Lebensstiels berichten in diesem Fall unseren Müllmengen. Wir würden uns freuen, wenn viele Leser unserer Seite dich aktiv unterstützen, indem Sie eine kleine Spende beitragen oder die Beiträge in Form des Videos mit Aennecken oder dieses schriftliche Interview mit dir verbreiten, damit viele Menschen von deiner Arbeit erfahren! VIEL ERFOLG!!!